rappenseehütte-kemptner hütte, gehzeit 7 stunden, 910 hm hoch und 980 hm runter

Ein beeindruckender Hüttenübergang der Allgäuer Alpen.

Morgens geht es wieder früh los. Ich habe einiges vor mir. Heute kommt das absolute Highlight der Tour: der Heilbronner Weg. Ich bin schon mega gespannt, es soll richtig anstrengend werden aber man wird auch für die grandiose Aussicht immer wieder belohnt. Von der Rappenseehütte hat man einen wunderbaren Blick in Richtung Oberstdorf den ich zum Sonnenaufgang noch mitnehme. Noch liegt die Rappenseehütte idyllisch neben dem Rappensee. Nach einem schnellen Frühstück (wie üblich Kaffee mit Graubrot) geht es auch schon wieder los. Graubrot mit Marmelade oder Graubrot mit Wurst und Käse steht zur Auswahl. Sonst gibts auch noch Bircher-Müsli mit Joghurt, aber das Graubrot kann man halt einfach besser transportieren. Noch vor dem ersten Schwung an Menschenmassen will ich den ersten Berg bezwingen.

Den ersten Anstieg geschafft, blicke ich noch einmal zurück. Friedlich liegt die Rappenseehütte am Fuße meines Berges. Vor mir liegen Geröll und Schutt, zu Beginn des Aufstiegs geht es steil aufwärts, dann wird es etwas steiler bevor man zum felsigen Einstieg des Höhenweges kommt. Erste kleinere Anstiege führen in Serpentinen den Berg hinauf. Mit dem Einsatz der Stöcke komme ich gut voran. Wenn man allerdings zunächst auf den Berg blickt denkt man, dass man in den Berg läuft oder den Berg hochklettern soll. Der Weg ist von unten zunächst gar nicht zu erkennen und zudem auch nicht als Wanderweg zu erkennen. Seilpassagen, Drahtseile, ausgesetzte Stellen. So kann das ja eigentlich nicht den ganzen Tag weiter gehen. Aber nun gut. Umdrehen kann ich immer, der erste hat es grade schon getan. Gut, wenn man sich eingesteht, dass es für einen persönlich einfach nicht weiter geht. Die Abzweigung Hohes Licht lasse ich liegen und gehe nach links weiter. Ich überquere ein Schneefeld und bin jetzt mit einer Familie unterwegs. Vater, Mutter, Tochter und Sohn. Die Kinder navigieren die Mutter den Berg hoch und der Vater läuft einfach mit. Herrlich. Allerdings stöhnt die Mutter jetzt schon nur rum und ich bin gespannt, ob ich alle vier am Abend auf der Kemptner Hütte wieder sehe.

Kurze Zeit später beginnt der berühmte Heilbronner Weg. Ein hochalpiner Steig, für die 3 km sind knapp 3 Stunden vorgesehen.

Auf einer Höhe von 2.300 bis 2.500 Metern schlängelt sich der Höhenweg durch den Fels. Teilweise sehr schmal und ausgesetzt, immer hoch und runter, immer am Rande des Abgrundes. An manchen Stellen muss ich echt schlucken, mich dann aber auf meine Stärken besinnen. Wirklich nichts für Leute, die es nicht so mit der Höhe haben. Trittsicherheit ist absolute Voraussetzung. So kann ich mich voll auf mich konzentrieren und mir aber auch sagen, dass den Weg schon so viele andere Menschen vor mir begangen haben. Die zwei Schlüsselstellen (Leiter und Brücke) finde ich absolut nicht so dramatisch wie überall geschrieben, da sie voll gesichert sind. Nach unten gucken sollte man trotzdem nicht. Kurz danach treffe ich auf zwei Herren die vorschlagen, dass wir zusammen weiter laufen könnten. So sympathisch fand ich sie nicht und vom Tempo hat es auch irgendwie nicht gepasst... Kurz vor dem Abzweig zum Waltenberghaus ist das nächste Foto entstanden, hier wird deutlich, dass auch gutes Schuhwerk Grundvoraussetzung ist Die roten Stellen markieren den Weg, den Steig. Stahlseile und die roten Markierungen machen es etwas einfacher den Weg zu finden.

Am Abzweig zum Waltenberghaus mache ich kurz Rast. Vor mir ist einfach nur ein riesengroßer Berg. Den Weg kann man zunächst nur erahnen. Serpentine um Serpentine laufe bzw. klettere ich nach oben. Dieses Stück fand ich einfach nur anstrengend, oben wird man wieder von einer grandiosen Aussicht belohnt. Und von einem 1.000 Meter Abgrund die ganze Zeit auf der linken Seite. Irgendwie nichts für schwache Nerven. Aber gut, kurz durchatmen und weiter gehts. Es gibt Passagen, die sind echt kniffelig. Für Anfänger und Ungeübte absolut nicht zu empfehlen. Ich glaube auch, dass ich ab und zu schon gejammert habe-nur war keiner da, der sich das anhören wollte. Langeweile kam dabei nicht auf, ich kann den Weg aber auch nur bei guten Wetterverhältnissen empfehlen, die Felsen können schnell glitschig werden.

Nach den heftigen Passagen wird es zunächst recht warm. Anschließend gelange ich zu einem langen Schneefeld. Die Sonne knallt total und ich bin froh, dass ich das Stirnband weit über die Haare ziehen kann. Nachdem ist das Schneefeld passiert habe und noch einmal zurück blicke, queren ein paar Steinböcke das Schneefeld. Einfach toll. Mit meinem Fernglas kann ich die Tiere beobachten, ehe sie weiterziehen. Am Himmel ziehen ein paar Wolken auf, hoffentlich regnet es gleich nicht. Aber es bleibt nur etwas diesig und ich muss keine Jacke überziehen. 

Der letzte Teil des Weges ist nicht mehr so spannend wie am Anfang des Tages. Aber einfach richtig grün und nicht so felsig wie der Anfang des Tages. Zum Schluss, kurz vor der Kemptner Hütte wird es noch einmal richtig warm und ein paar Murmeltiere kommen aus ihren Löchern. Insgesamt sind hier nicht mehr so viele Menschen unterwegs wie am Vormittag. Ich treffe auf den E5, den ich vor zwei Jahren gelaufen bin. Erinnerungen an einen Morgen bei Nieselregen und beschneitem Untergrund. Jetzt ist es ganz anders. Hochsommerlich, einfach traumhaft. Ich erreiche die Kemptner Hütte, voll mit Tagesausflüglern und E5 Wanderen. Für viele ist es einfach der Einstieg in eine Mehrtagestour und ich lausche auf der Terrasse den Gesprächen. Meist geht es um zu viel Gepäck und schlechtes Schuhwerk. Und um Blasen. Ich habe meine Wanderkarte dabei, das ist immer ein Türöffner um ins Gespräch zu kommen. Für morgen habe ich eine abwechslungsreiche und weite Route ausgesucht für die viele mich jetzt schon als verrückt bezeichnen. Als die Sonne untergeht und es draußen kühler wird gehe ich in die Hütte. Da kommt auch die Familie von heute morgen. Die Mutter hat es echt geschafft. Die anderen natürlich auch.

In der Kemptner Hütte habe ich über Hüttenholiday schon im Vorfeld gesehen, dass alles ausgebucht ist. Mit dem DAV Ausweis kann man nicht abgewiesen werden, zur Not bekommt man einen Platz im Winterraum oder in der Stube. Heute wird mir ein Schalfplatz im Lager zugewiesen, die Plätze sind nummeriert. Für mich zum Glück ein Randplatz mit einer kleinen Ablage. Um 22 Uhr geht das Licht aus, wenig später habe ich einen Ellenbogen im Gesicht. Danke.